Af’âlul-Mukallafîn (Ahkâmul-Islâmiyya)

Die Gebote und Verbote, die im Islam verkündet wurden, werden „Ahkâmul-Islâmiyya“ (islamisches Gesetz) genannt.

Diese werden auch „Af’âlu’l-Mukallafîn“ (Handlungen des Mukallaf) genannt. Die Handlungen des Mukallaf sind 8 Arten: Fard, Wâdschib, Sunna, Mustahabb, Mubâh, Harâm, Makrûh und Mufsid.

1. Fard (Pflicht): Sachen, deren Verrichtung Allah, der Erhabene, mit einem Vers des edlen Korans eindeutig klar befohlen hat, werden „Farâid“ (Pl. Von Fard) genannt. Es ist harâm, die Farâid zu unterlassen. Wer nicht an diese glaubt und ihre Verrichtung nicht wichtig nimmt, wird zum Kâfir. Es gibt zwei Arten von Farâid:

Fard ayn (individuelle Pflicht): Das sind Farâid, die jeder Muslim selber verrichten muss. Iman zu haben, das Wudû’ (rituelle Gebetswaschung) zu verrichten, den Ghusl (rituelle Ganzkörperwaschung) zu verrichten, die täglichen fünf Gebete zu verrichten, im Monat Ramadan zu fasten, bei genug Besitz die Zakat (Almosensteuer) zu zahlen und den Hadsch (Pilgerreise) zu unternehmen, sind individuelle Pflichten. [Die so genannten „32 Farâid“ und „54 Farâid“ sind berühmt.]

Fard kifâya (gemeinschaftliche Pflicht): Diese sind Farâid, die, wenn sie von einigen Muslimen oder einem einzigen Muslim verrichtet werden, von der Gesamtheit der Gemeinde entfallen. So z.B. dem Salâm-Gruß antworten, die Totenwaschung, das Totengebet verrichten, den gesamten edlen Koran auswendig lernen, also ein „Hafis“ werden, den Dschihad unternehmen, Wissen des Dîn und der Naturwissenschaften, die über die Grenzen der eigenen Arbeit oder des eigenen Handels hinausgehen, erlernen.

2. Wâdschib (notwendige Handlung): Wâdschibât (Pl. Von Wâdschib) sind Gebote, deren Verrichtung genauso strikt befohlen ist wie die der Farâid. Die Belege aus dem edlen Koran für diese Gebote sind nicht so eindeutig klar wie die der Farâid. Wâdschib sind die Verrichtung des Witr-Gebets, der Eid-Gebete (Festgebete), das Festopfer, wenn man reich ist und das Geben der Zakâtul-Fitr. Das Urteil der Wâdschibât ist dasselbe wie das der Farâid, d.h. sie sind gleich bindend. Es ist makrûh tahrîman, ein Wâdschib zu unterlassen. Wer daran nicht glaubt, dass sie bindend sind, wird kein Kâfir. Doch wer sie nicht verrichtet, verdient eine Strafe im Dschahannam.

3. Sunna (Brauch des Propheten): Sunan (Pl. Von Sunna) sind Sachen, die Allah, der Erhabene, nicht klar befohlen hat, aber deren Verrichtung von unserem ehrwürdigen Propheten gelobt wurde oder die er selbst fortlaufend verrichtet hat oder deren Verrichtung durch Andere er sah und nicht verhinderte. Es ist Kufr, die Sunna zu missbilligen. Wer die Sunan zwar bestätigt, sie jedoch nicht verrichtet, für den gibt es keine Strafe, doch die gewohnheitsmäßige Unterlassung ohne Entschuldigung erfordert, dass derjenige, der so handelt, getadelt wird und wer so handelt, bringt sich um die Belohnung der Verrichtung dieser Sunan. Sunan sind z.B. den Adhan (Gebetsruf) auszurufen, die Iqâma (kleiner Gebetsruf) vor der Salât zu rufen, die Salât in Dschamaa (Gemeinschaft) zu verrichten, beim Wudû’ das Miswâk (Zahnputzholz aus dem Arakbaum) zu benutzen, am Abend der Hochzeit ein Hochzeitsessen zu veranstalten und Knaben zu beschneiden.

Es gibt zwei Arten von Sunan:

Sunna mu’akkada (feste Sunna): Diese sind feste, etablierte Sunan, die unser ehrwürdiger Prophet fortwährend verrichtet und sehr selten unterlassen hat. Die Sunna-Gebete vor dem Fadschr- Gebet, vor und nach dem Zuhr-Gebet, nach dem Maghrib-Gebet und nach dem Ischâ-Gebet sind solche Sunan. Diese Art Sunan dürfen ohne Entschuldigung niemals unterlassen werden. Wer diese gering schätzt, wird zum Kâfir.

Sunna ghayr mu’akkada (nicht feste Sunna): Dies sind Sachen, die unser ehrwürdiger Prophet mit der Absicht der Ibâda gelegentlich verrichtet hat. Die Sunna-Gebete vor dem Asr- und Ischâ-Gebet sind solche Sunan. Auch, wenn diese oft unterlassen werden, muss man keine Rechenschaft ablegen.

Wenn sie aber ohne Entschuldigung grundsätzlich unterlassen werden, dann ist das Grund zum Tadel und es kann dazu führen, dass man sich um die Schafâ’a (Fürsprache) des Propheten Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken, bringt.

Sunan, die, wenn sie von einer Person aus Gruppen von 5 bis 10 Muslimen verrichtet werden, von den anderen entfallen, werden „Sunna kifâya“ (gemeinschaftliche Sunna) genannt. Wie z.B. den Salâm-Gruß zu sagen oder I’tikâf (Rückzug in eine Moschee) zu machen. Es ist eine Sunna, das Verrichten des Wudû’, das Essen und Trinken und jede gesegnete Handlung mit der Basmala („Bismillâhir-rahmânir-rahîm“) zu beginnen.

4. Mustahabb (empfohlene Handlung): Die Mustahabbât (Pl. Von Mustahabb) werden auch „Mandûb“ oder „Âdâb“ genannt. Sie sind dem Urteil nach wie die Sunan ghayr mu’akkada. Diese sind Sachen, die unser ehrwürdiger Prophet auch verrichtet hat und sei es nur wenige Male in seinem Leben und Sachen, die er mochte und an denen er Gefallen hatte. Neugeborenen am siebten Tag ihre Namen zu geben, für Neugeborene das Aqîqa-Opfer zu schlachten, sich schön zu kleiden und angenehme Düfte anzulegen, sind mustahabb. Wer diese Sachen tut, erhält viel Sawâb (Belohnung). Für die Unterlassung gibt es jedoch keine Strafe. Auch bringt man sich nicht um die Schafâ’a (Fürsprache) des Propheten Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken.

5. Mubâh (erlaubte Handlung): Mubâhât (Pl. Von Mubâh) sind Sachen, die nicht angeordnet und auch nicht verboten wurden. D.h. es sind Sachen, die nicht als „Sünde“ oder „Gehorsam“ definiert sind. Wenn man diese mit guter Niyya (Absicht) verrichtet, erhält man Sawâb und wenn man sie mit schlechter Niyya verrichtet, wird man bestraft. Schlafen, vielfältig essen und sich abwechslungsreich kleiden, vorausgesetzt, die Nahrung und Kleidung sind halâl, sind Sachen, die mubâh sind. Wenn man diese Sachen mit der Niyya verrichtet, den Islam zu befolgen, sich an die Gebote zu halten, erhält man Sawâb. Essen und Trinken mit der Niyya, gesund zu bleiben und Ibâda zu verrichten, ist ein Beispiel hierfür.

6. Harâm (Verbot): Mahârim (Pl. Von Harâm) sind Sachen, die Allah, der Erhabene, im edlen Koran klar und deutlich als zu Unterlassendes bezeichnet hat. Es ist strikt verboten, eine Tat zu verrichten, die ein Harâm ist oder etwas zu gebrauchen, das harâm ist. Jemand, der ein Harâm als halâl oder ein Halâl als harâm bezeichnet, wird zum Kâfir. Die Mahârim zu unterlassen und sich vor ihnen in Acht zu nehmen, ist fard und sehr sawâb (verdienstvoll).

Es gibt zwei Arten von Harâm:

Harâm li-aynihî (Harâm an sich): Mord oder Totschlag; Zinâ (Unzucht); Liwâta (Analverkehr und Homosexualität); Glücksspiele; Alkoholkonsum; Lügen; Stehlen; Verzehr von Schweinefleisch, Blut oder Aas; dass Frauen und Mädchen mit bloßem Haupt oder Armen oder Beinen in die Öffentlichkeit gehen, sind alle harâm und große Sünden. Jemand, der bei der Verrichtung dieser Sünden zu Beginn die Basmala („Bismillâhir- rahmânir-rahîm“) spricht oder glaubt, diese Sachen seien halâl oder nicht als wichtig erachtet, dass Allah, der Erhabene, diese Sachen verboten hat, wird zum Kâfir. Jedoch wird man durch die Ausübung solcher Taten nicht zum Kâfir, wenn man daran glaubt, dass sie harâm sind und sich deswegen vor Allah und Seiner Strafe fürchtet. Man verdient dadurch aber eine Strafe im Dschahannam. Wenn jemand aber diese Sachen immer wieder tut und ohne dafür Tawba zu machen, stirbt, kann das ein Grund sein, dass er ohne Iman stirbt.

Harâm li-ghayrihî (Harâm durch begleitende Umstände): Diese sind Sachen, die an sich nicht harâm sind, doch durch die Verletzung der Haq (Rechte) Anderer harâm werden. So z.B., dass man aus dem Garten einer Person ohne ihre Erlaubnis Obst pflückt und isst; ihren Hausrat oder ihr Geld stiehlt und verwendet; dass man anvertrautes Gut missbraucht; Gewinn aus Bestechungsgeldern, Zinsgeschäften und Glücksspielen. Wer solche Sachen begeht und dabei zu Beginn die Basmala („Bismillâhir-rahmânir-rahîm) spricht oder meint, diese Sachen wären halâl, der wird kein Kâfir. Denn solcher Besitz ist das Haq (Recht) jener Personen und sie können es zurückbekommen. Für auch nur ein Gerstenkorn unrechtmäßigen Besitz wird Allah, der Erhabene, am Tag des Gerichts die Sawâb von 700 Raka’ât (Gebetseinheiten) angenommenen Gebeten, die in Dschamaa verrichtet wurden, von der Sawâb des Täters auf die Person mit dem Haq (Recht) übertragen. Sich von den Mahârim fernzuhalten, ist verdienstvoller als das Verrichten von Ibâda.

Deswegen muss man die Sachen, die harâm sind, lernen und sich vor ihnen in Acht nehmen.

7. Makrûh (verpönte Handlung): Makrûhât (Pl. Von Makrûh) sind Sachen, die Allah, dem Erhabenen, und Seinem Propheten Muhammad, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken, missfallen und die dazu führen, dass sich die Sawâb für Ibâdât verringert.

Es gibt zwei Arten von Makrûhât:

Makrûh tahrîman (dem Harâm nahe verpönt): Die Unterlassung eines Wâdschib ist makrûh tahrîman. Die Verrichtung von Sachen, die makrûh tahrîman sind, erfordert eine Strafe. So z.B. eine Salât zu verrichten, wenn die Sonne aufgeht, sie am Zenit [am höchsten Punkt im Himmel] steht oder während sie untergeht. Wer dies absichtlich tut, ist rebellisch und sündigt und verdient dafür eine Strafe im Dschahannam. Wer bei der Salât die Wâdschibât darin unterlässt, also makrûh tahrîman handelt, für den ist es wâdschib, die Salât zu wiederholen. Wenn es aber aus Vergesslichkeit geschieht, dann macht man innerhalb der Salât die Sadschdatus-Sahw (Vergesslichkeitsniederwerfung).

Makrûh tanzîhan (dem Halâl nahe verpönt): Dies sind Sachen, die dem Halâl nah sind oder Sachen, deren Unterlassung besser ist als deren Verrichtung. So z.B. die Unterlassung der Sunan ghayr mu’akkada oder die Unterlassung der Mustahabbât.

8. Mufsid (ungültigmachende Handlung): Mufsidât (Pl. Von Mufsid) sind Sachen, die eine Handlung, die im Islam erlaubt ist, oder eine begonnene Ibâda ungültig machen. Dabei kann es sich um das Iman, die Salât, den Nikâh (Ehebund), den Hadsch, die Zakat oder Käufe und Verkäufe handeln. So ist es z.B. Kufr, auf Allah, den Erhabenen, oder auf Sein Buch zu schimpfen, denn dies macht das Iman ungültig. Das Lachen in der Salât [so laut, dass die Person direkt neben ihm dies mitbekommen würde] macht die Salât und das Wudû’ ungültig. Während des Fastens absichtlich zu essen oder zu trinken, macht das Fasten ungültig.

Der Muslim, der die Farâid, die Wâdschibât und die Sunan verrichtet und sich von den Mahârim und Makrûhât fernhält, erhält dafür „Adschr“ (Lohn), also „Sawâb“ (Belohnung). Wer Mahârim und Makrûhât tut und die Farâid und die Wâdschibât unterlässt, für den wird Schuld in sein Buch der Taten geschrieben. Die Sawâb für die Vermeidung eines Harâm ist viele Male höher als die für die Verrichtung einer Fard. Die Sawâb für die Verrichtung einer Fard ist viele Male höher als die für die Vermeidung eines Makrûh. Die Sawâb für die Vermeidung eines Makrûh ist viele Male höher als für die Verrichtung einer Sunna.

Unter den Mubâhât nennt man jene, die Allah, der Erhabene, liebt, „Khayrât und Hasanât“ (wohltätige Werke oder gute Werke). Wer diese tut, wird dafür belohnt, doch ihre Sawâb ist geringer als für die Verrichtung einer Sunna.