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DER GLAUBE AN ALLAH, DEN ERHABENEN

„Âmantu billâhi“ bedeutet, dass man an die Existenz von Allah, dem Erhabenen, und an Seine Einheit glaubt, dies im Qalb bestätigt und mit Worten ausspricht. Allah, der Erhabene, existiert und Er ist Einer. Das Wort „Einer“ hat zwei verschiedene Bedeutungen. Die erste Bedeutung ist das Zahlmäßige, nämlich, dass Eins die Hälfte von Zwei ist und die erste der Zahlen. Die andere Bedeutung ist, dass es keinen Teilhaber und keinen Gleichen gibt, also „Einzig“ ist. Allah, der Erhabene, ist „Einer“ bzw. der „Einzige“, nicht im Sinne der Zahl, sondern in dem Sinne, dass Er keinen Partner und keinen Gleichen hat. Das bedeutet, dass es keinen Partner gibt, der Ihm in Seinem Wesen oder in Seinen Eigenschaften gleicht. So, wie die Wesen und Eigenschaften der Geschöpfe nicht dem Wesen und den Eigenschaften ihres Schöpfers ebenbürtig sein können, so sind auch das Wesen und die Eigenschaften des Schöpfers nicht denen der Geschöpfe gleich.
Der Schöpfer aller Glieder jedes Geschöpfs, jeder seiner Zellen ist Allah, der Erhabene, der sie aus dem Nichts erschuf. Nichts und niemand kann je die Wahrheit des Wesens Allahs, des Erhabenen, begreifen und wissen. Er ist über alles, was der Aql (Verstand) und die Vorstellungskraft sich erdenken und vorstellen können, erhaben und davon frei. Es ist nicht dschâiz (zulässig), über Sein Wesen nachzudenken oder sich Vorstellungen darüber zu machen. Man muss aber Seine Eigenschaften und Namen, die im edlen Koran verkündet sind, lernen und Seine Ulûhiyya (Göttlichkeit) anhand dieser akzeptieren und bestätigen. Alle Seine Eigenschaften und Namen sind anfangslos und ewig. So, wie Sein Wesen nicht an irgendeinem Ort befindlich ist, so ist es auch darüber erhaben, durch die sechs Richtungen beschränkt zu sein. D.h., es ist nicht irgendwo „vorne“, „hinten“, „rechts“, „links“, „oben“ oder „unten“.
Das einzige, was man über Sein Wesen sagen kann, ist, dass es überall und immer gegenwärtig ist.
Die Eigenschaften Allahs, des Erhabenen, sind 14. Sechs dieser Eigenschaften werden „Sifâtudh-Dhâtiyya“ (Eigenschaften des Wesens) und acht von ihnen „Sifâtuth-Thubûtiyya“ (feststehende Eigenschaften) genannt. Es ist unbedingt erforderlich, die Bedeutungen dieser Eigenschaften zu lernen und auswendig zu kennen.

SIFÂTUDH-DHÂTIYYA

1. Wudschûd (Existenz): Allah, der Erhabene, existiert. Seine Existenz ist anfangslos. Seine Existenz ist Wâdschibul-Wudschûd (notwendige Existenz).
2. Qidam (Anfangslosigkeit): Die Existenz Allahs, des Erhabenen, hat keinen Anfang.
3. Baqâ (Ständigkeit): Die Existenz Allahs, des Erhabenen, hat kein Ende. Er hört niemals auf zu existieren. So, wie es unmöglich ist, dass Er einen Partner hätte, so ist auch das Nicht-Existieren für Sein Wesen und Seine Eigenschaften unmöglich.
4. Wahdâniyya (Einzigkeit): Allah, der Erhabene, hat keinen Teilhaber und Gleichen an Seinem Wesen, Seinen Eigenschaften und Seinem Tun.
5. Mukhâlafatun lil-Hawâdith (völlige Andersheit als alles zeitlich Existierende): Allah, der Erhabene, ähnelt weder in Seinem Wesen noch in Seinen Eigenschaften den Wesen oder den Eigenschaften von Geschöpfen.
6. Qiyâm bi-Nafsihi (Selbst-Ständigkeit): Allah, der Erhabene, existiert durch Sein Wesen Selbst-Ständig. Er ist nicht auf Raum und Ort angewiesen. Er existierte, als es keine Materie und keinen Ort gab. Er ist über jede Art der Bedürftigkeit erhaben. Sein Wesen verbleibt so, wie es vor der Hervorbringung der Schöpfung war, ewig und unverändert.

SIFÂTUTH-THUBÛTIYYA

1. Hayât (Leben): Allah, der Erhabene, ist der Lebendige. Sein Leben gleicht nicht dem der Geschöpfe und ist, Seinem Wesen gebührend, anfangslos und ewig.
2. Ilm (Wissen): Allah, der Erhabene, weiß alles. Sein Wissen gleicht nicht dem Wissen der Geschöpfe. Er sieht und weiß um die Ameise, die in dunkelster Nacht auf einem schwarzen Stein läuft. Er kennt die Gedanken und Regungen in den Herzen der Menschen und kennt ihre Absichten. In Seinem Wissen findet keinerlei Wandel oder Änderung statt. Sein Wissen ist anfangslos und ewig.
3. Sam’ (Hören): Allah, der Erhabene, ist der Hörende. Er hört ohne Mittel und ohne Richtung. Sein Hören gleicht nicht dem Hören Seiner Diener. Auch diese Eigenschaft ist wie alle Seine Eigenschaften anfangslos und ewig.
4. Basar (Sehen): Allah, der Erhabene, ist der Sehende. Er sieht ohne Mittel und ohne Bedingung. Sein Sehen bedarf nicht eines Sehorgans.
5. Irâda (Wille): Allah, der Erhabene, ist der Wollende. Er erschafft, was immer Er will. Alles ereignet sich durch Seinen Willen. Es gibt keine Kraft, die Seinen Willen aufhalten könnte.
6. Qudra (Macht): Allah, der Erhabene, hat die Macht, alles zu tun. Nichts ist zu schwer für Ihn.
7. Kalâm (Sprache): Allah, der Erhabene, ist der Sprechende. Sein Sprechen ist nicht durch Mittel, Buchstaben, Töne oder ein Sprechorgan.
8. Takwîn (Schöpfungsvermögen): Allah, der Erhabene, ist der Schöpfer. Es gibt keinen anderen Schöpfer als Ihn. Er ist es, der alles erschafft. Niemand außer Allah, dem Erhabenen, darf „Schöpfer“ genannt werden.

Es ist unmöglich, die Wahrheit der Eigenschaften Allahs, des Erhabenen, zu begreifen. Nichts und niemand kann Anteil an den Eigenschaften Allahs, des Erhabenen, haben oder diesen gleich sein.

Vertiefend:

1. Die erste dieser Sachen ist, dass man „daran glaubt, dass Allah, der Erhabene, das ‚notwendige Sein‘ ist und der Erschaffer aller Geschöpfe“. Das ist der feste Glaube, dass es allein Allah, der Erhabene, ist, der alles, was in der Dunyâ (der diesseitigen Welt) und im Jenseits ist, erschaffen hat, ohne selbst Materie oder zeitlich zu sein oder einen Gleichen zu haben. [Er allein ist es, der alle Materie, Atome, Moleküle, Elemente, Verbindungen, alle organischen Stoffe, Zellen, das Leben, den Tod, alle Ereignisse, alle Reaktionen, jegliche Art der Kraft, alle Energiezustände, alle Bewegung, alle Naturgesetze, die Seelen, die Engel, alles Lebendige oder Leblose aus dem Nichts geschaffen hat und der sie in jedem Moment im Sein hält.] So, wie Er alles, was in den Welten ist [und sie zuvor nicht waren, in einem einzigen Moment] erschuf, so [lässt Er sie auch stets voneinander hervorgehen und] wird Er sie [wenn der Letzte Tag anbricht, in einem einzigen Moment] auch wieder vernichten. Er ist der Schöpfer, Hervorbringer, Eigner aller Geschöpfe und Herrscher über sie. Es ist notwendig zu glauben, dass es keinen Herrscher, keinen Vorgesetzten und keine Autorität über Ihm gibt. Alle Eigenschaften der Überlegenheit und der Vollkommenheit sind allein Seine. Er hat keinen Mangel und keine Makel und keinerlei unvollkommene Eigenschaften. Er ist frei, zu tun, was Er möchte. Das, was Er tut, tut Er nicht, um Sich oder anderen damit zu nutzen. Auch nicht wegen irgendeiner Art der Erwartung oder Gegenleistung. Bei alledem sind all Seine Werke voller Weisheit, Nutzen, Segen und Gnade.

Er steht nicht im Zwang, Seinen Dienern Gutes oder Nützliches zukommen zu lassen, noch einige von ihnen zu belohnen und andere zu strafen. Würde Er alle Ungehorsamen in das Paradies einziehen lassen, würde sich das hinsichtlich Seiner Überlegenheit und Seiner Gnade schicken. Ebenso würde es sich laut Seiner Gerechtigkeit schicken, würde Er alle Gehorsamen in die Hölle entsenden. Doch hat Er bestimmt und verkündet, dass Er die Muslime, die Anbetenden, in das Paradies einziehen lassen wird, um ihnen dort unendliche, unzählige Gaben und Segen zu geben, und ebenso bestimmt und verkündet, dass Er die Ungläubigen für ein ewiges Leid in die Hölle schicken wird. Und Er bricht Sein Wort nicht. Wenn alle Lebenden Îmân hätten und Ihm gehorsam wären, würde das keinen Nutzen für Ihn bedeuten.

Wäre die ganze Welt ungläubig, zügellos, maßlos und ungehorsam, würde Ihm dies keinen Schaden zufügen. Wenn die Diener etwas zu tun wünschen, und auch Er dies wünscht, so erschafft Er diese Sache. Er ist es, der alle Regungen Seiner Geschöpfe erschafft und alles andere Seiende. Wenn Er es nicht will und es nicht erschafft, kann es keinerlei Regung oder Bewegung geben. Wenn Er nicht will, wird niemand ungläubig und niemand ungehorsam. Auch wenn Sein Wille ebenso die Sünden erschafft, ist Er diesen nicht wohlgefällig. Niemand kann sich in Sein Tun einmischen. Warum Er etwas getan habe oder warum Er es nicht auf andere Art getan habe zu fragen hat niemand weder die Macht noch das Recht. Wenn Er will, verzeiht Er jenen, die irgendeine größere Sünde begangen haben und ohne Tauba dafür zu machen, starben, es sei denn Schirk (Beigesellung von Partnern) oder Ungläubigkeit. Für kleinere Sünden kann Er strafen, wenn Er so will. Dass Er den Ungläubigen und den Abtrünnigen nicht verzeihen und sie einem ewigen Leid aussetzen wird, hat Er jedoch verkündet.

Selbst wenn Er die „Ahlu‘l-Qibla“, die „Leute der Qibla“ (die Gebetsrichtung, die Richtung gen Mekka), also Muslime, die Ihn anbeten, aber deren Glaubensgrundlage nicht mit der der Ahlu‘s- Sunna übereinstimmt und die sterben, ohne Tauba dafür zu machen, in der Hölle leiden lassen wird, werden solche Muslime aus den Ahlu‘l-Bid‘a nicht ewig in der Hölle bleiben.

Es ist möglich, Allah, den Erhabenen, in der Welt mit den leiblichen Augen zu sehen. Doch wurde dies nie jemandem vergönnt. Er wird sich am Tag des Gerichts, am Ort der Versammlung (Mawqifu‘l-Machschar) den Ungläubigen und den Muslimen mit Sünden gegenüber mit Seiner unterwerfenden Gewalt und Seiner Majestät zeigen und den rechtschaffenen Gläubigen gegenüber mit Seiner Gnade und herrlichen Schönheit.

Die Gläubigen werden Ihn im Paradies in Seiner Eigenschaft der herrlichen Schönheit sehen. Auch Frauen und Engel werden Ihn sehen, nur die Ungläubigen werden von diesem Segen ausgenommen sein. Es gibt eine gewichtige Überlieferung, die besagt, dass auch die Dschinn von diesem Segen ausgenommen sind. Gemäß vielen Gelehrten werden die Gläubigen mit hohem Rang jeden Morgen und jeden Abend, die mit niedrigerem Rang jeden Freitag und die Frauen einige Male im Jahr, ähnlich den Festtagen der diesseitigen Welt mit der Manifestation der herrlichen Schönheit und der Schau geehrt werden.

[Schaykh Abdulhaqq ad-Dahlawî [Abdulhaqq ad-Dahlawî starb 1052 n. H. [1642 n. Chr.] in Delhi.] sagt in seinem auf Persisch verfassten Buch „Takmîlu‘l-Îmân“, „Die Vervollkommnung des Îmân“: „In einer ehrwürdigen Hadîth heißt es: ‚Am Tag des Gerichts werdet ihr euren Herrn sehen, so wie ihr den Vollmond seht.‘ So wie Allah, der Erhabene, in der diesseitigen Welt gekannt werden kann, ohne verstanden zu werden, so wird Er im Jenseits gesehen werden, ohne verstanden zu werden. Große Gelehrte wie Abû‘l-Hasan al-Ascharî, Imâm as-Suyûtî und Imâm al-Bayhaqî berichteten, dass auch die Engel im Jenseits Allah, den Erhabenen, sehen werden. Imâm Abû Hanîfa und andere Gelehrte legten dar, dass die Dschinn keine Sawâb (Belohnungen) erlangen und nicht in das Paradies einziehen werden, aber die Gläubigen unter ihnen von der Hölle errettet werden. Die Frauen werden Ihn einige Male im Jahr, wie zu Festzeiten, in der diesseitigen Welt sehen. Die vollkommenen Gläubigen werden Ihn jeden Morgen und jeden Abend sehen, die anderen jeden Freitag. Dieser Bedürftige (der Autor Schaykh Abdulhaqq ad-Dahlawî meint sich selbst) sagt, dass diese frohe Botschaft auch für die gläubigen Frauen, die Engel und ebenso die Dschinn gilt. Vollkommene und Kenner Allahs, des Erhabenen, (Ârifîn), unter den Frauen wie Fâtima az-Zahra, Khadîdscha al-Kubrâ, Âischa as- Siddîqa und alle anderen reinen Gemahlinnen (des Gesandten Allahs, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken), Maryam und Âsiya, bilden eine Ausnahme gegenüber anderen Frauen. Auch Imâm Suyûtî weist hierauf hin.“]

Man muss daran glauben, dass Allah, der Erhabene, gesehen wird, aber nicht wie das leibliche Sehen in dieser Welt, denn die Angelegenheiten Allahs, des Erhabenen, können nicht mit dem Verstand umgriffen werden, sie sind nicht wie die Angelegenheiten dieser Welt. [Sie können nicht mit dem Wissen, z. B. Der Physik oder der Chemie, ermessen werden.] Allah, der Erhabene, hat keine Richtung und kein Gegenübersein. Allah, der Erhabene, ist nicht Materie. Er ist kein Körper. [Er ist kein Element, Er ist keine Mischung, keine Verbindung.] Er unterliegt nicht der Zahl. Er unterliegt keinem Maß. Er entzieht sich jeder Berechnung. Er unterliegt keinem Wandel. Er ist nicht innerhalb eines Raumes und nicht an einem Ort. Er unterliegt nicht der Zeit und hat kein „Vorher“ und kein „Danach“, kein „Vorne“ und kein „Hinten“, kein „Unten“ und kein „Oben“, kein „Rechts“ und kein „Links“. Deswegen können das Denken und Sinnen des Menschen, das menschliche Wissen, der menschliche Verstand, nichts über Ihn verstehen – und somit auch nicht die Weise, wie Er gesehen wird. Ausdrücke wie „Hand“, „Fuß“, „Richtung“, „Ort“ u. Ä., die für Allah, den Erhabenen, nicht zutreffen, die aber in Versen des edlen Qur’ân und in den ehrwürdigen Hadîthen vorkommen, haben nicht die Bedeutungen, die wir für gewöhnlich darunter verstehen, und nicht die Bedeutungen, die heute damit gemeint sind. Âyât und Hadîthe dieser Art werden „Mutaschabihât“, „Gleichnisse“ oder „Metaphern“ genannt. Man muss an diese glauben, ohne zu versuchen zu verstehen, was oder wie diese sind. Oder diese Mutaschabihât werden kürzer oder länger ausgelegt (Tawîl), d. h., sie werden auf eine Weise ausgelegt, wie es Allah, dem Erhabenen, gebührt. So bedeutet z.B. das Wort „Hand“, „Kraft“ und „Macht“.

Muhammed, Friede sei mit ihm, sah Allah, den Erhabenen, nach seinem Aufstieg durch die Himmel (Mirâdsch). Dieses Sehen war nicht wie das Sehen des leiblichen Auges in dieser Welt. Wenn jemand behauptet, Allah, den Erhabenen, in der diesseitigen Welt gesehen zu haben, ist er ein Ketzer. Das Sehen der Freunde Allahs (Awliyâ), möge Allah ihre Geheimnisse segnen, ist nicht wie das Sehen in der diesseitigen Welt oder im Jenseits, d. h., es ist kein „Ruyâ“, kein „Sehen mit dem leiblichen Auge“. Was ihnen widerfährt, ist eine Muschahada, [Das heißt, sie sehen mit dem Auge des Herzens und betrachten ein Gleichnis.] Auch wenn es unter den ehrenwerten Freunden Allahs, des Erhabenen, solche gibt, die sagten, dass sie Ihn gesehen haben, sind das Worte, die sie im Zustand der Ekstase, also während sie nicht bei Sinnen sind, äußerten, so dass sie glaubten, die Muschahada sei Ruyâ. Oder es sind Worte, die nur durch Tawîl (Auslegung) verstanden werden können.

Frage: Dass es möglich ist, Allah, den Erhabenen, in der diesseitigen Welt mit den Augen des Körpers zu sehen, wurde zuvor erwähnt. Warum soll jemand, der behauptet, etwas Mögliches sei widerfahren, ein Ketzer sein? Wenn jemand, der behauptet, es sei geschehen, ungläubig wird, wie kann dann die Sache überhaupt als möglich bezeichnet werden?

Antwort: Der Wortbedeutung nach heißt „Dschâiz“, „möglich“, dass eine Sache sowohl sein kann als auch nicht sein kann. In der Schule der Ascharîyya [Abulhasan Alî ibn Ismâil al-Ascharî starb 330 n. H. [941 n. Chr.] in Baghdad.] bedeutet es, dass das Ruyâ (Sehen) möglich ist, dass Allah, der Erhabene, in der Lage ist, ein völlig anderes Sehvermögen zu verleihen, das jenseits der Naturgesetze ist, die Er für die diesseitige Welt erschaffen hat, so dass Er ohne eine innerweltliche Nähe, ohne ein innerweltliches Gegenüber gesehen werden könnte. So ist Er z. B. In der Lage, einem Blinden in China eine Mücke in Andalusien zu zeigen oder einem Menschen auf der Erde zu zeigen, was auf dem Mond oder auf einem Stern geschieht. Allah, der Erhabene, besitzt solche Macht. Zweitens steht eine solche Behauptung nicht im Einklang mit den Versen des edlen Qur’ân und der Meinung der Gelehrten.

Daher ist jemand, der so etwas behauptet, entweder ein Mulhid, ein Irreligiöser, oder ein Zindiq, ein Ketzer. Als dritte Antwort sagen wir, dass die Möglichkeit der Ruyâ in der diesseitigen Welt nicht bedeutet, dass sie gemäß den gewohnten Naturgesetzen entsprechend möglich ist. Wer behauptet, Allah, den Erhabenen, gesehen zu haben, behauptet jedoch, Ihn gesehen zu haben, wie er auch andere Dinge sieht, und das ist eine Art Sehen, die nicht möglich ist. Wer solche Sachen, die in den Unglauben führen, sagt, Wird Mulhid oder Ketzer genannt. [Mawlânâ Khâlid sagt nach diesen Antworten:] Habt Acht! [Damit weist er darauf hin, dass die zweite Antwort zuverlässiger ist. Der Irreligiöser und der Ketzer sagen beide, dass sie Muslime sind. Der Irreligiöser ist in seinem Wort aufrichtig. Er glaubt tatsächlich, dass er Muslim ist und dass er sich auf dem richtigen Weg befindet. Der Ketzer hingegen ist ein Feind des Islam. Er gibt sich als Muslim aus, um den Islam von innen zu zerstören und die Muslime zu täuschen.] Es ist undenkbar, dass Allah, der Erhabene, dem Wechsel von Tag und Nacht, dem Fluss der Zeit, unterworfen wäre. Da Allah, der Erhabene, keinerlei Veränderung und Wandlung unterliegt, kann auch nicht gesagt werden, dass er in der Vergangenheit so und so war und in der Zukunft so und so sein wird. Allah, der Erhabene, dringt in nichts ein und durchdringt nichts. Er vereinigt sich auch mit nichts (Inkarnation). [Die Untergruppe der Schî‘a, die Nusayriyya genannt wird, sind Ungläubige, weil sie behaupten, dass der ehrwürdige Alî, möge Allah mit ihm zufrieden sein, eine Inkarnation Allahs, des Erhabenen, sei.] Allah, der Erhabene, hat keine Negation, kein Gegenteil, kein Ähnliches, keinen Partner, keinen Beistand und keinen Beschützer. Er hat keine Mutter, keinen Vater, keinen Sohn, keine Tochter und keine Frau. Er ist in jedem Moment bei allem anwesend, umgibt alles und ist beobachtend. Er ist jedem Menschen näher als seine Halsschlagader. Doch sind Sein Anwesen, Sein Umgeben, Sein Bei-Sein und Seine Nähe nicht so, wie wir diese Sachen gewöhnlich verstehen. Seine Nähe kann nicht durch das Wissen der Gelehrten, den Intellekt der Naturwissenschaftler oder die Kaschf (Entdeckungen) und die Muschahada (Schau) der Freunde Allahs, möge Allah ihre Geheimnisse segnen, verstanden und erklärt werden. Der menschliche Verstand ist nicht in der Lage, die Wirklichkeit dieser Wesensweisen Allahs, des Erhabenen, zu verstehen. Allah, der Erhabene, ist eins mit Seinem Wesen und Seinen Eigenschaften, und es gibt keinerlei Veränderung oder Verwandlung in Seinem Wesen oder Seinen Eigenschaften. Es heißt in diesem Zusammenhang:

„Tafakkarû fî âlâillâhi wa lâ tatafakkarû fî zâtillâhi“ – denkt nach über die Zeichen Allahs, des Erhabenen, jedoch nicht über Sein Wesen. Siehe hierzu auch (in den Maktûbât des Imâm Rabbânî) Band 1, Brief 46.

Die Namen Allahs, des Erhabenen, sind Tawqîfî (Festgelegtes). Das bedeutet, dass es gestattet ist, jene Namen zu nennen, die im Islam überliefert sind, und es nicht gestattet ist, ihm andere Namen zu geben. [So z. B. Wird Allah, der Erhabene, al- Âlim (der Wissende) genannt. Doch ist es nicht gestattet Ihn „Faqîh“(Unterscheidend-Verstehender), was ja mit Âlim gemeint ist, zu nennen, denn im Islam wurde Allah, der Erhabene, nie „Faqîh“ genannt. So ist es auch nicht gestattet, den Namen „Allah“ mit dem Wort „Gott“ zu ersetzen. Denn das Wort „Gott“(Ilah) bedeutet „der Angebetete“(Mabûd). So wird z. B. Gesagt: „Der Gott der Hindus ist die Kuh.“ Man kann sagen: „Allah ist Einer, es gibt keinen Gott außer Ihm.“ Worte in anderen Sprachen, wie z. B. „Dieu“, „God“ oder „Tanrı“ können als Übersetzungen für das Wort „Ilah“ und mit der Bedeutung „der Angebetete“(Mabûd) genutzt werden, aber nicht als Ersatz für den Namen „Allah“.]

Allah, der Erhabene, hat unendlich viele Namen. Es gibt die berühmte Aussage: „Er hat tausendundeinen Namen.“ Damit ist gemeint, dass tausendundein Namen Allahs, des Erhabenen, den Menschen bekannt gemacht wurden. Im Islam sind 99 dieser Namen überliefert. Diese werden „al-Asmâul-Husnâ“, „die schönsten Namen“, genannt.

Die Sifâtu‘z-Zâtiyya, die „Eigenschaften des Wesens“ Allahs, des Erhabenen, sind sechs. [Diese wurden zuvor erwähnt.] Die Sifâtu‘s-Subûtiyya, die „unveränderlichen Eigenschaften“ sind gemäß der Schule der Mâturîdiyya acht, laut der Schule der Ascharîyya sieben. Diese Eigenschaften sind wie Sein Wesen auch von jeher und ewig, d. h., sie sind ohne Anfang und Ende, sie sind vollkommen und ohne Makel, und sie gleichen nicht den Eigenschaften der Geschöpfe. Sie können nicht verstanden werden, indem man sie durch eine Vorstellung von dem, was man aus dieser Welt gewohnt ist, vergleicht. Allah, der Erhabene, hat dem Menschen ein Ähnliches Seiner Eigenschaften gegeben. Durch die Betrachtung dieser geliehenen Eigenschaften ist es möglich, die Eigenschaften Allahs, des Erhabenen, etwas zu verstehen. Da der Mensch nicht fähig ist, Allah, den Erhabenen, zu verstehen, ist es auch nicht gestattet, über Allahs, des Erhabenen, Wesen nachzudenken und den Versuch eines Verstehens zu unternehmen. Seine unveränderlichen Eigenschaften sind weder dasselbe wie Sein Wesen noch sind sie etwas anderes als Sein Wesen. Das heißt, dass Seine Eigenschaften nicht Er selbst sind. Sie sind aber auch nichts anderes als Er. Diese Eigenschaften sind:

Hayât (Leben), Ilm (Wissen), Sam (Hören), Basar (Sehen), Qudra (Macht), Kalâm (Sprechen), Irâda (Wille) und Takwîn (Schöpfungskraft). Gemäß der Schule der Ascharîyya sind Takwîn (Schöpfungskraft) und Qudra (Macht) dieselben Eigenschaften. Mögen, „Maschiyya” bedeutet ebenso Wille, „Irâda“.

Jede der acht Eigenschaften Allahs, des Erhabenen, ist „basît“, d. h. In einem [sich nicht ändernden] Zustand. Bei keiner dieser Eigenschaften findet irgendeine Veränderung statt. Doch ihre Bezüge zu den Geschöpfen sind vielzählig. Dass ihre Bezüge und ihre Wirkungen auf die Geschöpfe viele sind, ändert nicht die Tatsache, dass sie sich selbst als unveränderlich und elementar erweisen. Ähnlich verhält es sich damit, dass Allah, der Erhabene, all die verschiedenen Geschöpfe erschaffen hat und sie ständig vor dem Nichtsein bewahrt. Dennoch ist Er Einer. Er ist keinerlei Wechsel oder Veränderung unterworfen. Jedes Geschöpf ist in jedem Moment auf jede Weise auf Ihn angewiesen. Er selbst jedoch benötigt nichts und niemanden.