LEBENSLAUF VON SEJJID FEHÎM-I ARWÂSÎ

RELIGIONSFÜHRER VON SEJJID ABDULHAKÎM-I ARWÂSÎ

Sejjid Muhammed Fehim bin Abdulhamid Arwâsî wurde 1241 [1823] geboren und starb 1313 [1895]. Er stammt aus dem Dorf Arwâsî in der Kreisstadt Müks (in Südostanatolien). Er war schlank und hatte einen mittelangen Bart. Seine Nase war mitten etwas hoch. Seine Stirn war breit und seine Haut weizenfarbig. Er hatte gesunde Zähne und keiner fehlte ihm. Sein Kopftuch war groß und sein Kleid aus weißem Stoff, mit drei Röcken. Er zog manchmal seinen blauen, manchmal seinen grünen Talar an. Seine Socken waren aus Wolle und seine Schuhe aus Leder. In den letzten Zeiten seines Lebens benutzte er eine Brille zum Lesen. Er hatte schwarze Augen. Seine Haare waren zum großen Teil weiß. Bis zum Ende seines Lebens ritt er. In seinen letzten Zeiten war er so schwach, dass er sein Kopftuch nicht mehr tragen konnte. Beim rituellen Gebet setzte er ein Stück Abani auf seine Kopfbedeckung. Er starb am vierzehnten Schewwal. Da er einen hoch gewachsenen Körper hatte, setzte man zwei lange Grabsteine auf sein Grab, die später von den Armeniern zerschlagen wurden. Er war erhaben, würdevoll und imponierend. Man fürchtete sich vor ihm. Wenn man ihn sah, war man davon überzeugt, dass er ein geliebter Diener ALLAHs, des Erhabenen, ist. In seiner Zeit und in der Umgebung der Stadt Van war keiner wie er. Er hatte reiche Kenntnisse in jeder Wissenschaft, sogar in Landwirtschaft und verschiedenen Künsten auch dem Verwaltungswesen. Sein Wissen war eine Gnade und ein Geschenk von ALLAH, dem Erhabenen. Der Gouverneur von Van kam oft zu ihm und fragte ihn nach den Angelegenheiten, die er nicht lösen konnte. Er ging immer zufrieden zurück. Sein Leben lang verrichtete er jedes tägliche rituelle Gebet in der Gemeinschaft, und vernachlässigte niemals das freiwillige Nachtgebet, Tehedschdschüd.

Sejjid Fâhim Arwâsî studierte an der Universität Naturwissenschaften und Theologie, auch gewann er das Wohlwollen von Sejjid Taha-i Hakkari, dem Religionsführer von Ostanatolien.

Er verabschiedete sich von seinem Religionsführer in Schemdinan und zum Studium der Sprachwissenschaften fuhr er zum Dorf Âbirî in der Kreisstadt Bulanık von Musch. Während des Abschieds sagte ihm sein Religionsführer: “Wenn dir etwas unverständlich vorkommt, so tritt in geistige Verbindung mit mir, stell mich dir vor!” Während ihn sein Lehrer Molla Ressûl as-Subkı Sprachwissenschaften lehrte, konnte er ein Thema nicht verstehen. Daraufhin erzählte sein Lehrer das selbe Thema. Er bat seinen Lehrer, dieses Thema noch einmal zu erklären: Molla Resul las denselben Satz mehrmals vor und sagte: “Ich bin müde, morgen erzähle ich es weiter.” Am nächsten Tag las er wieder denselben Satz vor, aber es gelang ihm nicht, es zu erklären. Als sein Lehrer oftmals denselben Ausdruck vorlas, stellte Sejjid Fehim sich seinen Religionsführer vor, indem er sich die Augen zumachte. Er sah Sejjid Tâhâ vor seinen Augen mit einem Buch in der Hand. Er legte das geöffnete Buch, vor Sejjid Fehim. Die aufgeschlagene Seite war die Seite, auf der der schwere Text stand. Er las dieselbe Zeile deutlich vor. Sejjid Tâhâ war inzwischen verschwunden und Sejjid Fehim machte seine Augen auf und sah Molla Ressûl noch vortragend darüber nachdenken. Er bat ihn, dass er aufhörte weiterzulesen und las die Zeile vor, indem er ein “und” hinzufügte, wie sein Lehrer während der geistigen Verbindung vorgelesen hatte. Als der Lehrer dies hörte, sagte er: “Der Sinn ist nun vollkommen.” Die beiden verstanden jetzt die Zeile sehr gut. Sein Lehrer sprach in Erstaunen: “Seit zwanzig Jahren las ich vor und erzählte, doch jedesmal ohne diesen Teil verstanden zu haben. Jetzt erst habe ich es gut verstanden. Verrate es mir bitte, denn seit Jahren war es mir unmöglich, diesen Teil zu verstehen. Wie wurde es dir möglich? Dadurch dass du es mit dem Wort “und” gelesen hast, wurde der Sinn vollkommen?” Daraufhin erzählte er ihm, dass er in geistige Verbindung mit seinem Meister getreten war und dass er den Satz so las, wie ihn dieser während dieses Treffens gelehrt hatte. Das Grab von Molla Ressûl liegt neben dem Tor der Moschee “Alaeddin Pascha” in Musch.

Sejjid Fehim, möge Allah mit ihm barmherzig sein, kam jedes Jahr von Müks, wo er wohnte, nach Van und blieb dort einen oder zwei Monate. Seine Anhänger nahmen an seinem Unterricht teil und zogen Nutzen daraus. Oftmals wurde er zu Hause von Ahmed Beg, dem ersten Sekretär das Gerichtshofs, der Sejjid Fehim sehr liebte, untergebracht. Eines Jahres unternahm Ahmed Beg die Walfahrt nach Mekka und er war wieder sein Gast gewesen. In der Mitternacht rief er einen von seinen Anhängern heran und sagte: “Wach deine Freunde auf! Wir müssen schnell das Haus verlassen.” Seine Anhängern flehten: “Mein Herr, ist es denn nicht eine Schande, zu dieser Zeit dies zu tun?” Seine Antwort war: “Nein, unmöglich, wir müssen uns gleich auf den Weg machen. Sag das auch den Söhnen von Ahmed Beg.” Seine Söhne kamen zu ihm und flehten: “Unser Herr, verzeihen Sie uns, wenn wir einen Fehler begangen haben. Verlassen Sie uns nicht. Wenn unser Vater dies hört, dann wird ihn dies niederschlagen. Wie können wir unserem Vater antworten? Verzeihen Sie uns unseren Fehler!” und sie weinten sehr. Sejjid Fehim, möge Allah mit ihm barmherzig sein, sagte: “Nein, Ich bin mit euch besonders zufrieden. Ihr erweist mir und allen viel Dienst. Deshalb bete ich für euch. Aber wir müssen jetzt gehen.” In der Mitternacht gingen sie ins Haus einem seiner Anhänger. Am nächsten Tag berichtete sein Sohn Muhammed Emin, daß die Söhne Muhammed Begs darüber sehr traurig waren und sagte: “Lieber Vater, was wäre denn geschehen, wenn wir in jenem Haus übernachtet hätten?” Daraufhin sagte Seyyid Fehim, möge Allah mit ihm barmherzig sein: “Mein Sohn, berichte keinem davon. In dieser Nacht fand Ahmed Beg in der heiligen Stadt Mekka den Tod. Von nun an wurde sein Haus zu einem Waisenhaus. Sein Vermögen ging auf die Erben über. Bisher konnten wir alles in diesem Hause benutzen, essen und trinken. Denn ich bin davon überzeugt, dass Ahmed Beg uns alles gerne gönnt. Aber jetzt ist es nicht mehr erlaubt, irgend etwas in diesem Haus zu benutzen, weil alles nun den Erben gehört, die wir nicht einmal kennen. Ich habe mit dem Zweck sein Haus verlassen, um nicht gegen die Menschenrechte zu verstoßen.” Nach einem Monat kamen die Mekkapilger zurück. Ahmed Beg kam nicht zurück. Es hieß: “In einer Mitternacht verstarb er in Mekka.” Nach den Berechnungen fiel seine Todeszeit auf die erwähnte Mitternacht.

Während Sejjid Fehim Arwâsî mit seinen Schülern am Strand des Sees Van herumgingen, begann ein Priester, der aus der armenischen Kirche auf der Insel Achtdamar im Van-See kam, auf dem Wasser zu gehen. Als seine Schüler diesen aussergewöhnlichen Vorfall sahen, fiel manchen von ihnen folgendes ein “Der Priester, den wir als den Feind ALLAHs, des Erhabenen, betrachten, geht auf dem Wasser, dagegen kann Sejjid, möge Allah mit ihm barmherzig sein, unser Meister, einer der größten Heiligen bzw. der geliebten Diener ALLAHs, des Erhabenen, nicht auf dem Wasser gehen, sondern geht den Strand lang. Warum?” Sejjid, möge Allah mit ihm barmherzig sein, bemerkte diesen Gedanken und nahm die Pantinen, die er trug, in die Hand und schlug sie gegeneinander. Immer wenn er die Pantinen gegeneinander schlug, sank der Mönch ins Wasser. Als er bis zum Hals sank, wiederholte er den Schlag. Gleich danach sank der Mönch vollkommen und ertrank. Dann richtete er sich zu denen, die jene falschen Gedanken hatten: “Er ging aufgrund der Zauberei auf dem Wasser. Was er damit erreichen wollte, war euren islamischen Glauben zu verderben. Immer wenn ich die Pantinen gegeneinander schlug, verlor seine Zauberei an Auswirkung und er versank im Wasser. Die Moslems dürfen nicht zaubern und scheuen auch davor, ALLAH, dem Erhabenen, um Wunder anzuflehen.” Er machte durch sein Gnadenwirkung das Zauber des Mönchs ungültig.

Abdulwehhab Effendi, der Vater von Rıfat Beg und Direktor der Seifenfabrik in Kagıthane bei Istanbul, verstarb 1963. Einige Jahre vor seinem Tod erzählte er: “Ich beendete mein Studium an der osmanischen Universität in Erzurum. Danach wollte ich weiter studieren. Man sagte mir, der große Gelehrte, nach dem ich suchte, sei Abduldschelil Effendi in Bitlis. Daraufhin ging ich nach Bitlis und fragte nach ihm. Ich hörte, daß er in Van sei, aber bald zurück kehren würde. Ich konnte nicht so lange warten und begab mich nach Van. Als ich dort nach ihm fragte, wurde mir gesagt, daß sich Sejjid Fehim, Scheich von Müks, in Van befand und Abduldschelil Effendi bei ihm, im Unterricht in der Moschee Schabaniyya war. Ich ging sofort dorthin. Auf dem Weg dachte ich: “Der große Gelehrte, Abduldschelil Effendi, saß auf der Kanzel in der Moschee. Alle Leute hören ihm zu und ziehen von ihm Nutzen.” Als ich in die Moschee eintrat, sah ich alle mit gesenktem Kopf vor ihm in Anstand sitzen. Ihnen gegenüber saß einer mit leuchtendem Gesicht, der liebenswürdig blickte. Alle dort richteten sich nach ihm, voller Hochachtung. Diese Situation machte auf mich einen tiefen Eindruck und ich dachte: “Abdüldschelil Effendi ist wahrscheinlich diese Hochachtung erweckende, reizende Person.” Aber niemand konnte ich fragen. Alle schauten vor sich. Plötzlich stellte sich ein Junge vor mich und fragte: “Was suchen Sie?” Ich antwortete: “Ich wollte Abdüldschelil Effendi, möge Allah mit ihm barmherzig sein, sprechen.” Er sagte: “Da ist er!”, in dem er auf einen zeigte, der mit gesenktem Kopf und voller Hochachtung in der letzten Reihe saß, und fügte hinzu, daß ich mich auch daneben setzen könnte. Diesmal fragte ich, wer die Person in der Kanzel sei. Er sagte, er sei Sejjid Fehim. Nach einiger Zeit erfuhr ich, daß dieser Junge Abdülhakim Effendi war. Später wurde der Gebetsruf rezitiert. Das erforderliche Gebet wurde verrichtet. Sejjid Fehim, möge Allah mit ihm barmherzig sein, führte die Gemeinschaft als Vorbeter. Die Gebetsreihen wurden in Ordnung gestellt. Gemeinsam mit dem Vorbeter wurde “Allahu ekber” ausgesprochen. Plötzlich begannen wir alle zu zittern. Seitdem vergingen sechzig Jahre. Immer wenn ich mich an diesen Ruf “Allahu ekber” erinnere, zittere ich noch und spüre in meinem Herzen den gleichen Eindruck wie in jenem Moment.

Man könnte noch sehr viel über die Gnadenwirkungen von Sejjid Fehim und die Höhe seines Ranges bei ALLAH, dem Erhabenen, erzählen. Das deutlichste und größte seiner Gnadenwirkungen ist, daß er einen vorzüglichen Heiligen wie Abdülhakim Effendi ausgebildet hat.

Ein Schlagwort:

“Die Ordnung in einem Werk weist nämlich auf die Vollkommenheit seines Meisters hin.”

Sejjid Fehim Arwâsî, möge Allah mit ihm barmherzig sein, war einer der großen Gelehrten des Islam und von den großen Gelehrten des Sufismus und gleichzeitig der dreiunddreißigste Kettenglied der Reihenfolge der Religionsführer. Er wurde von Tâhâ-i Hakkari, möge Allah mit ihm barmherzig sein, ausgebildet. Als Sejjid Tâhâ starb, nahm er an dem Unterricht von Seinem Bruder Sejjid Salih teil. Salih Muhammed, möge Allah mit ihm barmherzig sein, starb im Jahre 1281 (1864).