Frage: Bei den Schlachten von „Dschemel“ und „Siffîn“ befanden sich viele Gefährten aus den Muhâdschirûn (Auswanderer) und Ansâr (Helfer) auf der Seite von Imâm Alî. Sie gehorchten ihm, und sie folgten ihm. Obwohl auch sie alle profunde Gelehrte waren, sahen sie es als erforderlich an, Imâm Alî zu folgen. Wird hieraus nicht klar, dass es auch für profunde Gelehrte erforderlich war, Imâm Alî zu folgen, sich mit ihm zusammenzuschließen, auch wenn ihr Urteil nicht übereinstimmte?

Antwort: Diejenigen, die sich Imâm Alî anschlossen und mit ihm in die Schlacht zogen, taten dies nicht, weil sie seinem Urteil folgten. Vielmehr erforderte die Übereinstimmung ihres eigenen Urteils mit dem seinen, dass sie sich ihm anschlossen.

Gleichermaßen stimmt das Urteil vieler der Großen der edlen Gefährten nicht mit dem Imâm Alîs überein. Daher wurde es für diese Gefährten erforderlich, sich ihm zu widersetzen. Zu jener Zeit gelangten die edlen Gefährten zu drei verschiedenen Urteilen: Einige von ihnen verstanden, dass Imâm Alî im Recht war, somit wurde es für sie wâdschib, notwendig, ihm zu folgen. Andere gelangten zu demselben Urteil wie jene, die sich ihm widersetzten, und damit wurde es für sie notwendig, dass sie eben diesen Gefährten folgten. Eine dritte Gruppe kam zu dem Urteil, dass man keiner der Parteien folgen dürfe, dass es notwendig sei, von einer Auseinandersetzung abzusehen, also erforderte ihr Urteil, dass sie sich von den Schlachten fernhielten. Alle drei Urteile waren selbstverständlich gültig und jede Gruppe bekommt dafür ihren Lohn (Sawâb).

Frage: Diese Ausführungen besagen, dass auch diejenigen, die gegen Imâm Alî kämpften, im Recht waren. Die Gelehrten der Ahlu‘s-Sunna jedoch sagen, dass Imâm Alî im Recht war, seine Gegenüber sich irrten, doch da sie (auf der Grundlage der Urteilsbildung) entschuldigt sind oder sogar eine Belohnung für ihre Haltung erhalten. Was ist hierüber zu sagen?

Antwort: Große Persönlichkeiten im Islam, wie z. B. Imâm Schâfi‘î oder Umar ibn Abdulazîz, sagen, dass es nicht gestattet sei, über irgendeinen der edlen Gefährten zu äußern, er habe sich geirrt. Daher sagten sie: „Es ist falsch, zu sagen, ‚Sie irrten sich.‘ Es ist den (im Rang) Niedrigen nicht gestattet, über die (im Rang) Höheren zu sagen: ‚Sie haben es richtig gemacht‘, oder ‚Sie haben es falsch gemacht‘, und ‚Das gefällt uns‘ oder ‚Das gefällt uns nicht‘. So wie Allah, der Erhabene, uns davor bewahrt hat, dass unsere Hände mit dem Blut jener großen Menschen befleckt wurden, so müssen wir uns auch vor Äußerungen wie, ‚Sie waren im Recht‘ oder ‚Sie waren im Unrecht‘, hüten. Als profunde Gelehrte die Beweisführungen begreifend und die Ereignisse analysierend sagten, dass Imâm Alî im Recht war und seine Gegenüber sich irrten, meinten sie mit dieser Aussage, wenn Alî, möge Allah mit ihm zufrieden sein, die Gelegenheit gehabt hätte, mit ihnen zu sprechen, wäre er in der Lage gewesen, sie zum selben Urteil wie er zu bewegen. Tatsächlich änderte z. B. Zubayr ibn Awwâm, der bei der Schlacht ‚Dschemel‘ Imâm Alî gegenüberstand, nach einer weiteren Analyse der Ereignisse sein Urteil, und sah dann von einer Auseinandersetzung ab. So müssen die Worte der Gelehrten der Sunna, die den Irrtum als statthaft sehen, verstanden werden. Es ist keineswegs gestattet, eine Aussage zu treffen, die besagt, dass der ehrwürdige Alî und seine Mitstreiter auf dem rechten Weg waren und sich unsere Mutter, die getreue Âischa, auf der anderen Seite und die Gefährten an ihrer Seite auf einem Irrweg befanden.“

Diese Auseinandersetzungen der Gefährten erfolgten wegen ihrer verschiedenen Urteile im Bereich der Details des islamischen Gesetzes, der “Ahkâmu’l-Islâmiyya”. In den Grundlagen und Hauptsachen des Glaubens zeigten sie keinerlei Differenzen. Heutzutage gibt es Leute, die über große Persönlichkeiten im Islam wie Muâwiya und Amr ibnu’l-Âs, möge Allah mit beiden zufrieden sein, daherreden, und ihnen gegenüber respektlos sind. Sie begreifen nicht, dass die Verunglimpfung und Geringschätzung der Gefährten eine Verunglimpfung und Geringschätzung des Gesandten Allahs, Friede sei mit ihm, darstellt. Das Wort Imâm Mâliks,„Wer Muâwiya oder Amr ibnu’l- Âs, möge Allah mit beiden zufrieden sein [Muâwiya ibn Abû Sufyân starb 60 n. H. [680 n. Chr.] in Damaskus.] , beschimpft oder schlecht über sie spricht, ist jemand, der selber seine Worte über sie verdient. Wer ihnen gegenüber respektlos ist, respektlos über sie spricht oder schreibt, sollte dafür schwer bestraft werden”, ist in dem „edle Schifâ” genannten Buch aufgezeichnet. Möge Allah, der Erhabene, unsere Herzen mit Liebe zu den Gefährten Seines Geliebten füllen. Die Großen werden von Rechtschaffenen und Gottesfürchtigen geliebt, aber nicht von Heuchlern und Rebellen.

[Diejenigen, die den Wert und die Größe der Gefährten des Gesandten Allahs verstehen, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken und mit ihnen allen zufrieden sein, und sie allesamt lieben, sie allesamt respektieren und ihrem Weg folgen, heißen die „Ahlu‘s-Sunna“. Diejenigen, die sagen, dass sie einige von ihnen lieben, andere nicht, und die meisten von ihnen beschimpfen und somit keinem von ihnen wirklich folgen, heißen „Râfidîten“ oder „Schi‘îten“. Im Iran, Indien und dem Irak gibt es viele Râfidîten. In der Türkei gibt es sie gar nicht. Einige von diesen nannten sich „Alawîten“, um die muslimischen, ernsthaften Alawîten in der Türkei zu täuschen. Dabei meint „Alawît“ einen Muslim, der Alî liebt, möge Allah mit ihm zufrieden sein. Um jemanden zu lieben, muss man auf seinem Weg sein und jene lieben, die er liebt. Würden sie (die Râfidîten) Alî, möge Allah mit ihm zufrieden sein, lieben, würden sie seinem Weg folgen. Alî, möge Allah mit ihm zufrieden sein, liebte jeden der edlen Gefährten. Er war der Berater des zweiten Khalîfen Umar, der seine Sorgen mit ihm teilte, möge Allah mit beiden zufrieden sein.

Er verheiratete seine Tochter, die er mit seiner Frau Fâtima hatte, möge Allah mit ihr zufrieden sein, Umm Qulsum, mit Umar, möge Allah mit ihnen zufrieden sein. In einer seiner Ansprachen Während dieser Schlachten sagte er über Muâwiya: „Unsere Brüder haben sich von uns getrennt. Sie sind keine Ungläubigen oder Fâsiqûn (Übertreter). Ihr Urteil ist so ausgefallen.“ Als der Gefährte Talha, möge Allah mit ihm zufrieden sein, der gegen ihn kämpfte, in der Schlacht fiel, wischte er den Staub von dessen Gesicht und leitete selbst sein Totengebet. Allah, der Erhabene, sagt im edlen Qur‘ân: „Die Gläubigen sind Brüder.” Die letzte Âya der Sûre „al-Fath“, „Der Sieg”, verkündet, dass die edlen Gefährten einander lieben. Auch nur einen der edlen Gefährten nicht zu lieben oder einem gegenüber Feindschaft zu hegen, kommt der Leugnung des edlen Qur’ân gleich. Die Gelehrten der Ahlu’s-Sunna haben die Größe der edlen Gefährten gut begriffen. Sie haben uns angewiesen, sie alle zu lieben. Dadurch haben sie die Muslime vor Unheil bewahrt.

Die Gruppe, die die „Ahlu’l-Bayt”, die „Leute des Hauses”, also Alî und alle seine Kinder und seine Nachfahren, möge Allah mit ihnen zufrieden sein, nicht lieben, diese großen Menschen, die die „Augensterne” der Ahlu’s-Sunna sind, befeinden, heißen „Khâridschî”, „Rausgänger”. Heutzutage werden die Khâridschîten „Yazîdî” genannt. Der Glaube der Yazîdî ist äußerst degeneriert.

Die Leute, die zwar sagen, dass sie alle Gefährten lieben, aber dennoch nicht auf ihrem Weg sind, sondern ihren eigenen wirren Ansichten folgen und sagen, dieser wäre der Weg der Gefährten, werden „Wahhâbî” genannt. Der Wahhâbismus entstand als Folge der Vermischung der Ansichten des weglosen Gelehrten Ahmed ibn Taymiyya und der Lügen des britschen Agenten Hempher. Die Wahhâbîten mögen die Gelehrten der Ahlu’s- Sunna, die Großen des Tasawwuf und auch die Schî’a nicht und beschimpfen sie alle. Sie glauben, sie seien die einzig wahren Muslime. Wer ihnen nicht folgt, den nennen sie „Muschrik”, „Polytheist”. Sie sagen, der Besitz und das Blut solcher Menschen sei den Wahhâbîten halâl (d. h., sie dürften bekriegt und getötet werden und ihr Besitz sei Kriegsbeute). Dadurch werden sie zu „İbâhîten”, d. h. Zu solchen, die aus den Nusûs, den Quellentexten, also dem edlen Qur‘ân und den ehrwürdigen Hadîthen, falsche Interpretationen ableiten und glauben, diese Umdeutungen seien der Islam. Sie leugnen die „Adillatu’sch- Schari‘a”, „die Quellen des Gesetzes” und die Mehrheit der ehrwürdigen Hadîthe. Die Gelehrten der vier Rechtsschulen haben in vielen Büchern klar erwiesen, dass Leute, die sich von den Ahlu’s-Sunna trennen, damit irregehen und dem Islam sehr schaden. Für ausführliche Informationen empfehlen wir die Lektüre der Bücher „Kıyâmet ve Âhiret”, „Der Letzte Tag und das Jenseits”; „Se’âdet-i Ebediyye”, „Das ewige Glück” auf Türkisch und auf Arabisch die Bücher „Minhatu’l-Wahbiyya”; „At-Tawassulu bi’n-Nabiyyi wa bi’s-Sâlihîn”, „Die Mittelnahme des Propheten und der Rechtschaffenen”; „Sabîlu’n-Nadschât”, „Der Weg der Rettung” und „Sayfu’l-Abrâr”, „Das Schwert der Wahrhaften”. Diese und viele andere wertvolle Bücher über die Ahlu’l-Bid’a, die Gruppen der Irrgänger, wurden vom Verlag Hakîkat Kitâbevi in Istanbul gedruckt. Im Band 3 des „Ibn Âbidîn” [1] , im Kapitel über die Bâghiyyûn, die Rebellen, und im auf Türkisch verfassten „Nimet-i Islam”, „Das Geschenk des Islam”, im Kapitel „Eheverträge”, wird klar erläutert, dass die Wahhâbîten „Ibâhîten” sind. Einer der Generäle zur Zeit des Sultan Abdulhamid Khan II., Eyyûb Sabrî [2] im „Mir’atu’l- Haramayn”, dem „Spiegel der beiden Heiligtümer” und dem „Tarih-i Vehhâbiyyân”, die “Geschichte der Wahhâbîten”, und Ahmed Dschevdet Pascha im 7. Band seines Geschichtsbuches auf Türkisch berichten ausführlich über die Wahhâbîten. Das Buch „Schawâhidu’l-Haqq”, „Die Zeugen der Wahrheit” des Yûsuf Nabhânî, das in Ägypten gedruckt wurde, geht auch ausführlich auf die Wahhâbîten und Ibn Taymiyya ein und beantwortet viele Fragen. Ein Auszug von 50 Seiten aus diesem Buch befindet sich im auf Arabisch veröffentlichten Buch „Die Gelehrten des Islam und die Wahhâbîten“, das der Verlag Hakîkat Kitâbevi 1392 n. H. [1972 n. Chr.] in Istanbul drucken ließ.

Eyyûb Sabrî Pascha, möge Allah mit ihm barmherzig sein, sagt: „Der Wahhâbismus kam im Jahre 1205 n. H. [1791 n. Chr.] auf der Arabischen Insel durch eine blutige und grausame Rebellion hervor.” Einer derer, die versuchten, den Wahhâbismus und Madhâhib oder Weglosigkeit mit ihren Büchern in alle Welt zu exportieren, war der Ägypter Muhammed Abduh. Abduh, der ein Freimaurer war und seine Bewunderung für den Vorsitzenden der Kairoer Loge, Dschamâluddîn al-Afghânî [3] , offen in seinen Schriften ausdrückte, wurde der muslimischen Jugend wie ein großer muslimischer Gelehrter, ein fortschrittlicher Intellektueller und geschätzter Reformer präsentiert. Feinde des Islam wiederum, die auf der Lauer lagen, um die Ahlu’s-Sunna zu stürzen und dem Islam zu schaden, verkleideten sich als Gelehrte des Islam und kamen mit schillernden Worten über den Glauben daher – und gossen dieser Zwietracht Öl ins Feuer. Abduh wurde in den Himmel hochgelobt, die großen Gelehrten des Islam, die Imâme der Madhâhib, der Rechtsschulen, wurden „Ungebildete” und „Ahnungslose” genannt, ihre Namen wurden nicht einmal mehr erwähnt. Doch die reinen und edlen Söhne unserer Ahnen, die für den Islam ihre Leben gaben, die aus Liebe zum Gesandten Allahs, Friede sei mit ihm, ihre Leben opferten, die Söhne unserer ruhmreichen und ehrenvollen Schuhadâ (Gefallenen auf dem Wege Allahs) glaubten dieser Propaganda und dieser millionenschweren Werbekampagne nicht und ließen sich nicht täuschen. Sie lehnten diese aufgeblasenen „Helden des Islam” ab.

Allah, der Erhabene, bewahrte diese Jugend vor diesen gemeinen Angriffen. Heute noch werden Bücher von Weglosen wie Mawdûdî [4] , Sayyid Qutb [5] , Hamidullah und der „Dschamâ‘atu‘t- Tabligh“ übersetzt und der Jugend präsentiert. Wir sehen jedoch in diesen Büchern, die mit viel Werbeaufwand in den Himmel gelobt werden, viele wirre Gedanken, die nicht mit dem übereinstimmen, was von den Gelehrten des Islam überliefert wurde. Es heißt ja auch in einem Sprichwort: „Wasser mag ruhen, doch der Feind schläft nicht.“ Möge Allah, der Erhabene, beim Ansehen Seines sehr geliebten Propheten Muhammed, Friede sei mit ihm, die Muslime aus dem Schlaf der Unachtsamkeit erwecken. Möge Er sie vor den Lügen und Verleumdungen der Feinde beschützen. Âmîn. Betrügen wir uns nicht, indem wir uns nur mit Bittgebeten begnügen. Ohne dem Brauch Allahs, des Erhabenen, in der Schöpfung (Sunnatullah, oder al-Âdatu‘l- Ilâhiyya, göttlicher Brauch) zu folgen, d. h. Ohne sich entlang den Gründen zu bewegen, ohne zu arbeiten und sich anzustrengen, nur Bittgebete zu machen, bedeutet, Allah, den Erhabenen, um Wunder zu bitten. Das Muslimsein erfordert es, sowohl zu arbeiten als auch Bittgebete zu machen. Man muss sich zunächst bemühen, sich an die Gründe zu halten, und dann Bittgebete machen. Die erste Sache, die dazu führt, sich von dem Unglauben Zu befreien, besteht darin, den Islam zu lernen und zu lehren. Es ist ja sowieso eine individuelle Verpflichtung, den Glauben der Ahlu‘s-Sunna und die Verpflichtungen im Islam zu erlernen. Dies stellt die erste Aufgabe eines Muslim dar. Heutzutage ist es recht einfach, sich dieses Wissen anzueignen, denn es ist erlaubt, verlässliche Bücher über den Islam zu schreiben und zu veröffentlichen. Jeder Muslim sollte einem Staat, der ihm so eine Freiheit gewährt, hilfreich sein.