Imam Rabbânî, möge Allah mit ihm barmherzig sein, sagt im 266. Brief aus dem 1. Band seines „Maktûbât“:

„Nachdem man das Iman, also die Aqîda korrekt ausgerichtet hat, muss man unbedingt die Urteile im Fiqh [also die Sachen, die im Islam geboten und verboten sind] lernen. Man muss die Farâid und die Wâdschibât, Halâl und Mahârim, Sunan und Makrûhât und das Zweifelhafte, in dem Maße, wie individuell erforderlich, lernen und diesem Wissen entsprechend handeln. Dieses Wissen aus Fiqh-Büchern zu lernen, ist für jeden Muslim verpflichtend. [Ohne dieses Wissen kann man nicht Muslim sein.] Man muss versuchen, die Gebote Allahs, des Erhabenen, zu erfüllen und Seinem Gefallen entsprechend zu leben.

Das, was Allah, dem Erhabenen, am meisten gefällt und was Er gebietet, ist das Verrichten der täglichen fünf Gebete. Die Salât ist der Pfeiler des Islam. Ich werde einiges über die Wichtigkeit der Salât sagen und darüber, wie sie zu verrichten ist. Hört also mit wachem Herzen zu! Zuerst muss man das Wudû’ ganz genau so verrichten, wie es der Sunna entspricht [also in den Fiqh-Büchern aufgezeichnet ist]. Man muss besonders darauf achten, dass man alle Teile des Körpers, die während des Wudû’ zu waschen sind, drei Mal wäscht und dabei keine Stelle auslässt. Wenn man so handelt, erfüllt man die Sunna während des Wudû’. Wenn man den Kopf bestreicht, sollte man dies so tun, dass man den ganzen Kopfbereich bestreicht. Die Ohren und der Nacken sollten gut bestrichen werden. Wenn man die Zwischenräume zwischen den Zehen befeuchtet, soll man dies tun, indem man dafür den kleinen Finger der linken Hand benutzt und ihn von der Unterseite des Fußes in die Zwischenräume führt, so wie es überliefert wurde. Man sollte dies wichtig nehmen und nicht als bloß mustahabb abtun. Man sollte die Mustahabbât nicht unterschätzen. Diese sind Sachen, die Allah, der Erhabene, liebt und an denen Er Gefallen hat. Hätte man eine Garantie, dass wenn man alle weltlichen Güter gibt, um eine Sache zu tun, die Allah, dem Erhabenen, gefällt und würde man dann diese Güter geben und jene Tat verrichten, dann hätte man einen großen Gewinn erzielt, so, wie wenn man ein paar Tonscherben gibt und einen wertvollen Edelstein erhält. Oder es wäre, als würde man ein paar Kieselsteine geben und einem verstorbenen Geliebten wieder zu Leben verhelfen.

Die Salât ist die Mi’râdsch der Mu’minûn. Die Gaben, die unserem Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken, in der Nacht der Mi’râdsch gewährt wurden, kann seine Umma im Diesseits einzig und allein in der Salât kosten. Die Männer sollten darauf achten, dass sie die Fard-Gebete in Dschamaa verrichten und bereits zum ersten Takbîr hinter dem Imam anwesend sind. [Es ist Sünde, dass Frauen sowohl um die Salât in Dschamaa zu verrichten, als auch um einem Hafis oder Mawlid-Lesungen zuzuhören, sich in Moscheen unter Männer mischen und vor allem, um Sawâb zu bekommen, zu den Dschuma-Gebeten kommen.]

Es ist verpflichtend, die Gebete innerhalb ihrer Zeiten zu verrichten [und sich auch bewusst zu sein, dass man sie innerhalb ihrer Zeiten verrichtet].

[Wenn man alleine ist, sollte man jede Salât zu Beginn ihrer Zeit verrichten und das Asr- und Ischâ-Gebet gemäß dem Standpunkt von Imam Abû Hanîfa, möge Allah mit ihm barmherzig sein. Je später die Salât verrichtet wird, desto mehr verringert sich die Sawâb dafür. Die als mustahabb bezeichneten Zeiten dienen dazu, sich in die Moschee zu begeben, um dort die Salât in Dschamaa zu verrichten. Wenn die Zeit einer Salât abläuft, ohne dass sie verrichtet wird, ist dies eine so große Sünde, wie jemanden zu töten. Durch das Qadâ (Nachholen) allein wird diese Sünde nicht vergeben. Dadurch wird nur die Schuld der Nicht- Verrichtung der Salât beglichen. Damit diese Sünde vergeben wird, muss man eine Tawba nasûha (umfassende Tawba) machen oder einen Hadsch al-mabrûr (einen Hadsch, während dessen Verrichtung keine Sünden begangen werden) unternehmen. Dies ist im „Ibn Âbidîn“ aufgezeichnet.]

In der Salât soll so viel aus dem edlen Koran rezitiert werden, wie es Sunna ist. Das stille Verharren in der Rukû’ und in den Sudschûd muss auf jeden Fall praktiziert werden, denn dies gilt, je nach Ansicht, entweder als Fard oder Wâdschib. Wenn man sich aus der Rukû’ erhebt, sollte man so stehen, dass alle Glieder entspannt sind. Sodann soll man in dieser Position ein Weilchen verharren und dies wurde von manchen Gelehrten als eine Fard, von anderen als ein Wâdschib und von wieder anderen als eine Sunna angesehen. Genauso verhält es sich mit dem kurzen Sitzen zwischen den beiden Sudschûd. Diese beiden Positionen korrekt durchzuführen, ist wichtig und man sollte auf jeden Fall darauf achten. Die Tasbîhât in der Rukû’ und in den Sudschûd sollten mindestens drei Mal gemacht werden und man sollte diese nicht mehr als sieben und nach einer anderen Ansicht nicht mehr als elf Mal machen. Dies gilt für jene, die die Salât alleine verrichten.

Was den Imam betrifft, so richtet sich dieser nach der Verfassung der Dschamaa. Welch Schande ist es für eine Person, die bei Kräften ist und keine Beschwerden hat und die Salât alleine verrichtet, wenn sie sich auf das Minimum beschränkt. Sie sollte diese Tasbîhât wenigstens fünf Mal sprechen. Wenn man sich zur Sadschda begibt, sollten die Körperteile, die dem Boden näher sind, zuerst auf den Boden gehen, d.h. erst die Knie, dann die Hände, dann die Nase und dann die Stirn. Bei den Knien und Händen platziert man zuerst die rechten auf dem Boden. Wenn man sich aus der Sadschda erhebt, verfährt man umgekehrt, d.h., die Stirn wird zuerst vom Boden gehoben. Während des Stehens schaut man auf den Platz der Sadschda, in der Rukû’ auf die Füße, in der Sadschda auf die Nasenspitze und im Sitzen auf die Hände oder den Schoß. Das Schauen auf diese genannten Stellen dient dazu, dass man die Salât gesammelt, d.h. konzentriert verrichtet und dadurch wird es möglich, dass das Qalb während der Salât von diesseitigen Gedanken frei wird. Es entsteht Khuschû (andächtige Ehrfurcht). So wurde es von unserem Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken, überliefert. Die Finger in der Rukû’ etwas zu spreizen und sie in den Sudschûd geschlossen zu halten, ist eine Sunna. Dies sollte auch beachtet werden. Dieses Spreizen oder Schließen sind keine beliebigen, grundlosen Taten.

So wurde es von unserem Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken, überliefert und es steckt ein Sinn hinter diesen Taten. Es gibt für uns keinen größeren Nutzen, als unserem Propheten, Friede sei mit ihm, zu folgen. Alles, was wir hier anführen, soll dazu dienen und dazu ermutigen, das in Fiqh- Büchern aufgezeichnete Wissen in die Tat umzusetzen. Möge Allah, der Erhabene, uns bescheren, dass wir jene Taten verrichten, die im Islam als „A’mâlus-sâliha“ (rechtschaffene Taten) bezeichnet sind! Möge Er unsere Duâ zu Ehren des Sayyidul-Mursalîn, des besten und größten unter allen Propheten, akzeptieren, für den wir mit den besten und vollkommensten aller erdenklichen Segenswünsche Frieden wünschen und ebenso für seine Familie und seine Gefolgschaft! Âmîn.“